Security in Rom

Ein Blog aus der ewigen Stadt. Über Erasmus an der "La Sapienza". Über die Widersprüche dieser Stadt. Sulla vera gioia di esserci.


Ja richtig, die Dame mit dem vertrauenswürdigen Lächeln und dem zielgerichteten Blick ist die heilige Apollonia, die Patronin der Zahnärzte! Apollonia von Alexandria, eine Märtyrerin, der alle Zähne gezogen wurden, weil sie sich nicht den Zahn des christlichen Glaubens ziehen lassen wollte! Daher umfasst sie mit ihrer starken Rechten die Zange, mit der sie in der christlichen Ikonographie abgebildet wird. An Hinweisen auf das Martyrium erkennt man übrigens oft die Figuren in Heiligendarstellungen, z.B. der hlg. Laurenzius an dem Rost, auf dem er gegrillt wurde, oder wie bei diesen beiden alten Bekannten hier.
Da die großen Vorräte an Sekundärliteratur und Zeitschriften in Archiven schlummern, muss man jedesmal den umständlichen Weg der Bestellung mit handschriftlichen Zetteln mit Durchschlägen gehen. Daher reduziert man sich automatisch auf das Wesentliche, wenn man hier arbeitet. Aber mein Wörterbuch und meine eigene Version der nikomacheischen Ethik von Aristoteles brauch ich einfach, um eine italienische Einführung in das aristotelische Konzept von ἀκρασία vorzubereiten.

Sie freute sich vor allem, dass so viele Frauen anwesend waren. Zwar sind ohnehin 2/3 der Erasmusstudenten weiblich (jede Feministin darf mich jetzt auf den grammatikalischen Widerspruch dieses Satzes hinweisen), aber das männliche Drittel schien nicht viel Interesse an dem Event zu zeigen. Frau Wallstrom sprach wie alle Redner von der Bedeutung der Erasmusstudenten für das Europa von morgen.



Bevor der Betrachter sich fragt, ob er nicht noch blauer als der Obelisk ist, sei er informiert, dass es sich um eine Kunstinstallation handelt. Von Ha Schult, einem deutschen Künstler. Die Austellung ist gewandert von der großen Mauer über Moskau und Paris und ist nun in Rom angekommen. Die Figuren bestehen aus Industrieabfällen, die zu menschenähnlicher Form gepresst wurden.
Was der Künstler uns damit sagen will, ist uns noch nicht so klar. Hat wohl was mit Verschwendung der Industrienationen zu tun. Von oben gesehen erinnert das ganze ein bisschen an die Terrakotta-Armee für Kaiser Qin Shihuangdis. Vielleicht möchte der Künstler uns auf diese Weise mitteilen, dass wir wieder Tongefäße statt Blechdosen verwenden sollen. Oder so.

"Mos Eisley Space Port. You will never find a more wretched hive of scum and villainy..."Die Worte von Obi Wan Kenobi aus Krieg der Sterne hatten schon immer viel Weisheit. Und auch dieser Satz über den Weltraumhafen lässt sich wunderbar aus der Zukunft auf die Gegenwart transferieren, nämlich auf die Stazione Trastevere. Die prachtvolle neoklassizistischer Bau mit schönen Segmentbögen täuscht allzuleicht über die Zustände im Inneren hinweg, die den Nord-Ost-Ausgang der Stazione Termini zum Kinderparadies machen.




Man bekommt viel Landschaft zu sehen, wenn man nach Umbrien, ins grüne Herz Italiens fährt. Und auch Prominenz, wie zum Beispiel hier Uwe Seeler (oder Double) am Zugfenster.
Dieser Stadtteil (Porta Eburnea) hat ein besonders schönes Wappen mit einem Elefanten (=> eburnea = elfenbeinern), der einen Turm auf dem Rücken trägt.

Qualis et unde genus, qui sint mihi, Tulle, Penates,
quaeris pro nostra semper amicitia.
si Perusina tibi patriae sunt nota sepulcra,
Italiae duris funera temporibus,
cum Romana suos egit discordia cives
sic mihi praecipue, pulvis Etrusca, dolor,
tu proiecta mei perpessa's membra propinqui,
tu nullo miseri contegis ossa solo
proxima suppositos contingens Umbria campos
me genuit terris fertilis uberibus.Welcher Sorte ich bin und woher mein Geschlecht, welche Hausgötter ich habe, fragst du, Tullus, für unsere stete Freundschaft. Wenn dir die Grabmäler von Perugia, der Heimat, bekannt sind, die Gräber aus den harten Zeiten Italiens, als römische Zwietracht ihre Bürger trieb - so bist du, etruskischer Staub, insbesondere mir ein Schmerz, der du die niedergestreckten Glieder meines Verwandten ertragen hast, der du mit keiner Erde die Knochen des Unglücklichen bedeckt hast - das angrenzende Umbrien, das die umliegenden Äcker umfasst, brachte mich, fruchtbar wie es ist, auf reicher Erde hervor.
Nach der erneuten Zerstörung durch Totila im 6. Jhdt. und nach einer Zeit byzantinischer Dominanz blühte die Stadt im 12. Jhdt. auf. Die Stadt expandierte und breiteten sich die fünf Stadteile auch über die antiken Tore hinaus aus. Dies geschah sternförmig, jeweils entlang an einer Reichsstrasse, die durch die Tore verliefen. Jeder Stadtteil nannte neben einem eigenen Tor, Wappen und Farbe (s.o.) auch einen Heiligen und sogar einen der Bettelorden sein eigen. Die Straßen nahmen allesamt Ausgang vom zentralen Platz Perugias, auf dem sich die Fontana Maggiore befindet.
Dieser Brunnen auf der Spitze des Hügels ist eine hydraulisch-architektonische Meisterleistung und ist auch von einem kunsthistorischen Standpunkt her gesehen höchstinteressant: Das obere Becken wird von Säulen gestützt, die von einem weiteren Ring umgeben sind. Auf dem oberen Ring finden sich in die Säulen eingearbeitete allegorische Frauenfiguren. Auf dem unteren Ring sind in den Reliefs die 12 Monate mit Tierkreiszeichen abgebildet, desweiteren die sieben Künste (artes liberales), Szenen aus dem alten Testament und der römischen Mythologie. Auch der Greif, das Wappentier Perugias, ist zu sehen. Dieses Tier, zur unteren Hälfte Löwe, zur oberen Hälfte Adler, repräsentiert die Topographie der Stadt selbst mit starker Basis des Hügels und luftiger Oberstadt mit ihrer weitsichtigen Führung.
Die Führung der Stadt errichtete etwa zur gleichen Zeit den Palazzo dei Priori, ein Meisterwerk italienischer Gotik, auf dem der Greif zu finden ist (hier links, neben dem guelfischen Löwen zur Rechten):




Ed una lupa, che di tutte brame
sembiava carca ne la sua magrezza,
e molte genti fé già viver grame,
questa mi porse tanto di gravezza
con la paura ch'uscia di sua vista,
ch'io perdei la speranza de l'altezza.Auch eine Wölfin, welche jede Glut
Der Gier durch Magerkeit mir schien zu zeigen,
Die schon auf viele schweren Jammer lud.Vor dieser mußte so mein Mut sich neigen
Aus Furcht, die bei dem Anblick mich durchbebt,
Daß mir die Hoffnung schwand, zur Höh’n zu steigen.
Natürlich wäre das Töten des Symbols der Habgier eine passende Interpretation für die Darstellung der Gerechtigkeit in einem Gerichtssaal, in der über finanzielle Vergehen verhandelt wurde. Neben der Gerechtigkeit findet sich eine weitere Darstellung des Greifs Perugias (s. Bild oben), welcher auf einer Seite des Saales großzügig ausgearbeitet wurde:

Der Greif hält in seinen Klauen einen Ballen Wolle, das Symbol der Kaufmannsgilde. Diese war zusammen mit der Gilde der Geldwechsler die einzige, die den Greif in ihrem Wappen mit einer Krone versehen durfte - ein Privileg, was auf die Nobilität der Mitglieder dieser Gilden Bezug nimmt.
Auch die Gilde der Geldwechsler hat ihren Sitzungssaal prächtig ausschmücken lassen. Im sog. Collegio del Cambio stellte man dafür keinen geringeren an als den Künstler Pietro Vannuccio, wegen seiner Herkunft genannt Il Perugino. Seine Fresken zeigen die Harmonie zwischen heidnischen und christlichen Glauben. So stehen stehen zentrale Figuren des alten Testaments mit den sechs antiken Sybillen (Wahrsagerinnen) Seite an Seite:
Zudem findet sich eine Darstellung großer Herrscher und Feldherren der Antike, über denen, wie zuvor auch im Saal der Kaufmannsgilde (s.o.), die vier Kardinaltugenden als weibliche Allegorien thronen:
Bei Italienern ist Perugia vor allem für die ansässige Schokoladenfabrig "Perugina" bekannt, die diese blau-silber verpackten "Baci" herstellt. In der ganzen Stadt finden sich zahlreiche Schokoladenläden, die ihre Produkte verkauft.
Die Schokoladenherstellung, die jedes Jahr mit einem Festival im Herbst zelebriert wird, hat lange Tradition in Perugia und geht schon auf die Römer zurück, die die Steilhänge und die Höhenlage der Stadt ausnutzten, um Kakao anzubauen. Plinius der Ältere spricht in seiner naturalis historia schon von den berühmten tavolae fuscae aus Perugia.Etichette: Vor den Mauern Roms



Dieser ist heute im schönen Kreuzgang von San Giovanni (!Cosmatenarbeiten!) ganz unscheinbar neben anderen wahllos angeordneten Marmorfundstücken zu finden. Wer die Legende nicht kennt, wird wohl kaum nach dem Zweck des eingearbeiteten Loches fragen und sich eher auf die schönen Akanthus-Reliefs auf der Seite des Stuhles konzentrieren...
