Perugia
Dieser Stadtteil (Porta Eburnea) hat ein besonders schönes Wappen mit einem Elefanten (=> eburnea = elfenbeinern), der einen Turm auf dem Rücken trägt.
Nach der Porta Etrusca (Bild unten) war kein Stadtteil benannt, sie ist jedoch dennoch von hoher Bedeutung für die Stadtgeschichte. Sie wird auch Porta Augusta genannt wegen der Inschrift AUGUSTA PERUSIA, die auf die Restaurierung in Folge des bellum perusinum, dem perusinischem Krieg 40 v. Chr. zurückgeht.
In diesem Krieg, in dem Octavian (später Augustus) und Marcus Antonius die Nachfolge des ermordeten Caesar ausfochten, wurde die Stadt Rom unterworfen. Der Dichter Properz verarbeitet die Erfahrung des Bürgerkriegs in seiner Elegie I, 22:
Qualis et unde genus, qui sint mihi, Tulle, Penates,
quaeris pro nostra semper amicitia.
si Perusina tibi patriae sunt nota sepulcra,
Italiae duris funera temporibus,
cum Romana suos egit discordia cives
sic mihi praecipue, pulvis Etrusca, dolor,
tu proiecta mei perpessa's membra propinqui,
tu nullo miseri contegis ossa solo
proxima suppositos contingens Umbria campos
me genuit terris fertilis uberibus.Welcher Sorte ich bin und woher mein Geschlecht, welche Hausgötter ich habe, fragst du, Tullus, für unsere stete Freundschaft. Wenn dir die Grabmäler von Perugia, der Heimat, bekannt sind, die Gräber aus den harten Zeiten Italiens, als römische Zwietracht ihre Bürger trieb - so bist du, etruskischer Staub, insbesondere mir ein Schmerz, der du die niedergestreckten Glieder meines Verwandten ertragen hast, der du mit keiner Erde die Knochen des Unglücklichen bedeckt hast - das angrenzende Umbrien, das die umliegenden Äcker umfasst, brachte mich, fruchtbar wie es ist, auf reicher Erde hervor.
Nach der erneuten Zerstörung durch Totila im 6. Jhdt. und nach einer Zeit byzantinischer Dominanz blühte die Stadt im 12. Jhdt. auf. Die Stadt expandierte und breiteten sich die fünf Stadteile auch über die antiken Tore hinaus aus. Dies geschah sternförmig, jeweils entlang an einer Reichsstrasse, die durch die Tore verliefen. Jeder Stadtteil nannte neben einem eigenen Tor, Wappen und Farbe (s.o.) auch einen Heiligen und sogar einen der Bettelorden sein eigen. Die Straßen nahmen allesamt Ausgang vom zentralen Platz Perugias, auf dem sich die Fontana Maggiore befindet.
Dieser Brunnen auf der Spitze des Hügels ist eine hydraulisch-architektonische Meisterleistung und ist auch von einem kunsthistorischen Standpunkt her gesehen höchstinteressant: Das obere Becken wird von Säulen gestützt, die von einem weiteren Ring umgeben sind. Auf dem oberen Ring finden sich in die Säulen eingearbeitete allegorische Frauenfiguren. Auf dem unteren Ring sind in den Reliefs die 12 Monate mit Tierkreiszeichen abgebildet, desweiteren die sieben Künste (artes liberales), Szenen aus dem alten Testament und der römischen Mythologie. Auch der Greif, das Wappentier Perugias, ist zu sehen. Dieses Tier, zur unteren Hälfte Löwe, zur oberen Hälfte Adler, repräsentiert die Topographie der Stadt selbst mit starker Basis des Hügels und luftiger Oberstadt mit ihrer weitsichtigen Führung.
Die Führung der Stadt errichtete etwa zur gleichen Zeit den Palazzo dei Priori, ein Meisterwerk italienischer Gotik, auf dem der Greif zu finden ist (hier links, neben dem guelfischen Löwen zur Rechten):
Über der Kanzel findet sich ein Relief mit der Darstellung der vier Kardinaltugenden (Gerechtigkeit, Stärke, Tapferkeit, Mäßigung), welche quasi über den Prozess wachten:
Interessant ist die ungewöhnliche Darstellung der Gerechtigkeit (links aussen), da sie nicht wie üblich mit der Waage, sondern mit einem Schild und einem Schwert dargestellt wird, mit dem sie ein Tier tötet:
Was das für ein Tier sein soll, ist schwierig zu klären - sinnvollerweise muss es ein Tier mit negativer Konnotation sein, wenn es die Gerechtkeit tötet. In Dantes Göttlicher Komödie (canto I, 49 - 54) begegnet Dante einer abgemagerten Wölfin, welche eine Allegorie ist für die Habgier, deren Glut die Menschen verzehrt:
Ed una lupa, che di tutte brame
sembiava carca ne la sua magrezza,
e molte genti fé già viver grame,
questa mi porse tanto di gravezza
con la paura ch'uscia di sua vista,
ch'io perdei la speranza de l'altezza.Auch eine Wölfin, welche jede Glut
Der Gier durch Magerkeit mir schien zu zeigen,
Die schon auf viele schweren Jammer lud.Vor dieser mußte so mein Mut sich neigen
Aus Furcht, die bei dem Anblick mich durchbebt,
Daß mir die Hoffnung schwand, zur Höh’n zu steigen.
Natürlich wäre das Töten des Symbols der Habgier eine passende Interpretation für die Darstellung der Gerechtigkeit in einem Gerichtssaal, in der über finanzielle Vergehen verhandelt wurde. Neben der Gerechtigkeit findet sich eine weitere Darstellung des Greifs Perugias (s. Bild oben), welcher auf einer Seite des Saales großzügig ausgearbeitet wurde:
Der Greif hält in seinen Klauen einen Ballen Wolle, das Symbol der Kaufmannsgilde. Diese war zusammen mit der Gilde der Geldwechsler die einzige, die den Greif in ihrem Wappen mit einer Krone versehen durfte - ein Privileg, was auf die Nobilität der Mitglieder dieser Gilden Bezug nimmt.
Auch die Gilde der Geldwechsler hat ihren Sitzungssaal prächtig ausschmücken lassen. Im sog. Collegio del Cambio stellte man dafür keinen geringeren an als den Künstler Pietro Vannuccio, wegen seiner Herkunft genannt Il Perugino. Seine Fresken zeigen die Harmonie zwischen heidnischen und christlichen Glauben. So stehen stehen zentrale Figuren des alten Testaments mit den sechs antiken Sybillen (Wahrsagerinnen) Seite an Seite:
Etichette: Vor den Mauern Roms
0 Comments:
Posta un commento
<< Home