Bibliothek und Bürokratie
Wissenschaft zu betreiben wird einem in Rom nicht immer sofort leicht gemacht. Das Seminar für klassische Philologie der Universität hat zum Beispiel von 8.30 bis 13.00 auf, dann Mittagspause, dann nochmal von 14.30 bis 18.00. In diesen müßigen Intervallen entstehen keine Meisterwerke, soviel scheint klar. Kopieren und zu Hause arbeiten geht auch nicht so leicht, denn das funktioniert folgendermaßen:
Und dann wollte ich dort arbeiten. Ich brauche einen Aufsatz. Ich suche im PC die Zeitschrift raus. Und fülle einen Antrag mit Durchschlag aus, mit dem ich das Teil aus dem Magazin bestelle. Eine Stunde später blinkt ein Lämpchen an meinem Arbeitsplatz und sagt mir, dass die Zeitschrift da ist. Maximal zwei Zeitschriften gesteht man mir parallel zu. Also will ich mir Kopien machen. Hier funktioniert das so:
Was dieser Personalaufwand den öffentlichen Bildungsbereich kostet, will ich gar nicht wissen. Wahrscheinlich sind all diese Kontrolleurposten und Kassenbedienungsstellen Relikte des altrömischen Klientelwesens...
Aber man merkt hier, wie sehr Wissenschaft den ganzen Menschen fordert. Denn: Ohne Bibliothekskarte komme ich nicht raus. Die habe ich aber im Lesesaal gegen eine Arbeitsplatzbesitzerkarte eingetauscht. Wenn ich die die abgebe, muss ich gleichzeitig alle meine hart erarbeiteten Bücher wieder abgeben. Das will wohlüberlegt sein bei dem Aufwand, den ich dafür geleistet habe. So sitze ich hier und habe Hunger. Den ich erst stillen kann, wenn ich meine Bücher guten Gewissens abgeben kann.
Erinnert mich etwas an den Homer-Kommentator Didymos, der den Beinamen Chalkenteros hatte (±Erzgedärm), weil er sich nie vom Schreibtisch erhob. Naja immer noch besser als Thomas von Aquin, dem man wegen seiner Leibesfülle eine Ausbuchtung in den Tisch sägen musste, damit er überhaupt an seine Sachen kommt...
- Kopieren an der Universität:
Man nehme ein Buch. Fülle einen Antrag aus, damit das Buch aus der Seminar darf. Dann wartet man 40 Minuten, die eine körperfüllige Asienstudienstudierende braucht, um mit ihrem Journal of Chinese History das Papier des Kopierers zu leeren. Und wartet weiter, damit irgendwoher irgendjemand mit Papier kommt. Ach ja und nach 12 Uhr verlässt kein Buch mehr die Pforten der Seminarsbibliothek zum Kopieren. Wahrscheinlich wissen die, dass man für einen Aufsatz zum Kopieren mindestens eine Stunde lang braucht und somit nicht vor der Mittagspause fertig sein kann.Ich war sehr positiv überrascht, als ich aus dieser Erfahrung heraus in die Nationalbibliothek geflüchtet bin. Karte ausstellen hat sofort geklappt, nettes Personal, elektronische Zugangskontrolle, schöne Architektur, schöne helle Lesesääle mit viel Platz. Das sah professionell aus, und hier schien Geld geflossen zu sein.
Und dann wollte ich dort arbeiten. Ich brauche einen Aufsatz. Ich suche im PC die Zeitschrift raus. Und fülle einen Antrag mit Durchschlag aus, mit dem ich das Teil aus dem Magazin bestelle. Eine Stunde später blinkt ein Lämpchen an meinem Arbeitsplatz und sagt mir, dass die Zeitschrift da ist. Maximal zwei Zeitschriften gesteht man mir parallel zu. Also will ich mir Kopien machen. Hier funktioniert das so:
- Kopieren in der Biblioteca Nazionale
Man geht zum Lesesaalaufseher und nimmer ein Formular. Das füllt man aus. Mit Adresse, Telefonnummer usw. und sogar den Seiten, die man Kopieren will. Was das bringt, wenn keiner die Daten mit meinem Ausweis abgleicht und wer die Formulare um alles in der Welt sammelt will ich nicht wissen. An Datenschutzbedenken wollen wir mal gar nicht erst denken.
Das ganze hat auf jeden Fall DREI Durchschläge, um den langen Weg der Bürokratie zu gehen.
Der Lesesaalkapitän, wie ich ihn mal nennen will, unterbricht dann die Lektüre eines spannenden Bildbandes extra für mich um seine heilvolle Unterschrift unter meinen Antrag zu setzen. Dann laufe ich zum centro di riproduzione, wo sich nette junge Damen nicht um Fortpflanzung, wie man beim Namen ihres Arbeitsplatzes denken könnte, sondern um das Bearbeiten von meinen Kopieranträgen kümmern. In durchsichtigen Plastikfolien (alles muss hier wie am Flughafen in diese blöden Tüten) bekomme ich dann gegen eine Aufwandsentschädigung meine Aufsätze.
Was dieser Personalaufwand den öffentlichen Bildungsbereich kostet, will ich gar nicht wissen. Wahrscheinlich sind all diese Kontrolleurposten und Kassenbedienungsstellen Relikte des altrömischen Klientelwesens...
Aber man merkt hier, wie sehr Wissenschaft den ganzen Menschen fordert. Denn: Ohne Bibliothekskarte komme ich nicht raus. Die habe ich aber im Lesesaal gegen eine Arbeitsplatzbesitzerkarte eingetauscht. Wenn ich die die abgebe, muss ich gleichzeitig alle meine hart erarbeiteten Bücher wieder abgeben. Das will wohlüberlegt sein bei dem Aufwand, den ich dafür geleistet habe. So sitze ich hier und habe Hunger. Den ich erst stillen kann, wenn ich meine Bücher guten Gewissens abgeben kann.
Erinnert mich etwas an den Homer-Kommentator Didymos, der den Beinamen Chalkenteros hatte (±Erzgedärm), weil er sich nie vom Schreibtisch erhob. Naja immer noch besser als Thomas von Aquin, dem man wegen seiner Leibesfülle eine Ausbuchtung in den Tisch sägen musste, damit er überhaupt an seine Sachen kommt...
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