giovedì, luglio 26, 2007

Omnia mutantur

Der Gott Ianus ist nicht wie die olympischen Götter ein Hellas-Import, sondern ein römisches Original. Die Römer riefen ihn an als Gott des Wechsels und des Übergangs. Sie stellten ihn dar mit zwei Gesichtern - eines, das voraus, und eines, das zurück schaut. Solche Statuen des Gottes finden sich daher oft an Brücken - wie an der, die seit Jahrtausenden hinüberführt vom Marsfeld in meinem Stadtteil Trastevere.

Auch ich stehe am Übergang, mit dem Rücken zur ewigen Stadt. Ich schaue voraus, aber innerlich blicke ich zurück auf ein Jahr.

So viele Erasmus-Studenten suchten die felicitas in spirito und ihr Glück in den Discos am Monte Testaccio...

... wieder andere sahen das Glück geschrieben auf dem Schosse der Damen...

... sed erit Roma tibi magistra vitae, docens quid sit de istis putendum. Perpaucum est quod Tiberim flavom transferro, sed thesaurum mihi nitidum carumque. Charon animas Stygem transvehit atram tristas in umbras, sed animulam ex umbris mecum porto in vitam. Licet lumina retro flecti aliquando, sed mutatione perspecta contenti sunt oculi et in laetam futuri faciem inversi.

Nec species sua cuique manet, rerumque novatrix
nec perit in toto quicquam, mihi credite, mundo,
sed variat faciemque novat, nascique vocatur
incipere esse aliud, quam quod fuit ante, morique
desinere illud idem. cum sint huc forsitan illa,
haec translata illuc, summa tamen omnia constant.

Ovid, Metamorphoses, XV, 252 - 258

sabato, luglio 21, 2007

Heisses Pflaster

Es ist heiss, heiss, heiss in Rom! 37° im Schatten sind kein Thema, da muss man sich schon ein wenig anpassen in Bezug auf Tagesablauf und Kleidung!

Aber nicht nur den Menschen wird es ein wenig zu heiss - auch die Autos, die vor meiner Haustür im matschig gewordenen Asphalt hängen bleiben, haben mit den Temperaturen zu kämpfen:

In aller Ruhe betrachtet man das Rösten der Ampel unter offener Flamme. Na gut, die Markise kann man ja noch kurz reindrehen, bevor die Flammen übergreifen. Aber dann wieder ab zur Siesta, wo man mit lieblicher Feuerwehrsirenenuntermalung wieder in tiefen Schlummer fällt...
E voilà - voiture à point!
Mit freundlicher Empfehlung der Stadt Rom in Kooperation mit Autogrill©!

Vacanze Romane

Endlich Ferien in Rom - was soll man tun? Man lässt sich inspirieren. Am besten von Filmpostern und schönen Frauen.












Audrey Hepburns Augen haben nicht nur einen anonym bleiben wollenden Florentiner Künstler zu dem ungewollt passenden Schaufensterarrangement mit Hundeblick verleitet. Nein, auch ich hörte sie mich quasi anschreien "Vacanze Romane, Alter! Schnapp dir eine Vespa, und heiz solange ums Kolosseum, bis du kotzen musst!"

Einen Helm in meiner Kopfgröße zu finden war nicht leicht, und ich fühlte mich ein bisschen wie ein "1up" Pilz aus Super Mario.











Ein wirksames Testament habe ich ebenso wenig wie Nachkommen. Sollte ich mich da irren, tritt halt die gesetzliche Erbfolge ein. Noch einmal pieno...

... und dann ganz charmant den Zylinder geflutet, und rauf auf die Via dei Fori Imperiali, ein paar mal quer durch das centro storico.

Die Perspektive, aus der man die Stadt und vor allem die winzigen Entfernungen wahrnimmt, ist eine ganz andere.

Man kommt unglaublich schnell voran, wenn man sich zwischen den Autos immer bis zur nächsten Ampel vorschlängelt. Das fällt mal schwerer, mal leichter, aber in der Regel gibt es eine Art Kanal, und man muss sich nur in den Flow begeben.

An der Ampel angelangt, hat man Dank 125ccm den Weg bis zur nächsten Ampel in der Regel ganz für sich allein auf breiter Strasse, weit vor den zurückgelassenen Autos.

Und sollten irgendwo wieder Autos auftauchen, schlängelt man sich halt so durch. Rechts, links - eng wirds in der Regel nicht, und wenn doch, zieht man sich am besten mit einmal beherzt Gas geben unter Hupen der anderen aus der Affaire.

Und so erreiche ich bald einen der abgelegeneren malerischen Orte, die Abbazia delle Tre Fontane.

Es handelt sich um einen Klosterkomplex an dem Ort, an dem das Martyrium des Apostel Paulus stattgefunden haben soll. Nach seiner Enthauptung sprang sein heiliges Haupt drei Mal auf vom Boden, und hinterliess drei Quellen. Leider hat dieser Ort sehr ungünstige Öffnungszeiten...

So lege auch ich die sterbliche Hülle meines Hauptes ab und verweile einen Moment bei meinem Namensvetter - ganz in der Nähe befindet sich sogar das Centro di San Bernardo, habe ich auf der Hinfahrt gesehen.
Zum Abschied noch ein gemeinsames Foto...

... und weiter geht es zum Colosseo Quadrato in Mussolinis Viertel E.U.R.
Ich werfe einen kurzen da mittlerweile museumsübersättigten Blick in das Museo della Civiltà Romana...
.. wo sich neben auf Augenhöhe zugänglichen Abgüssen von der Trajanssäule...
... auch das größte Modell der Stadt Rom zur Kaiserzeit befindet:
Links unten befände sich wohl ca. meine Behausung...
Weitere Inspiration, zu welchen abgeschiedene Orte man sich sonst noch flüchten könnte, finde ich vor dem Kino von Nanni Moretti, das sich auf obiger Karte übrigens auch links unten befinden würde.
In seinem Film Caro Diario füllt Nanni Moretti das Sommerloch in Rom, indem er mit seiner Vespa durch das Viertel Garbatella fährt:
Il quartiere che mi piace più di tutti è la Garbatella. E me ne vado in giro per i lotti popolari. Ma non mi piace vedere solo le case dall'esterno, ogni tanto mi piace vedere anche come sono fatte dentro. E allora suono a un citofono e faccio finta di fare un sopralluogo, che sto preparando un film...
- "Cos'é questo film... ?"
- "è la storia di un pasticciere, trotzkista, un pasticciere trotzkista nell'Italia degli anni '50. è un film musicale. Un musical."

Garbatella
wurde in den 20/30er Jahren als Arbeiterviertel errichtet. Vorbild waren die sog. Garden Cities, grüne und erholsame Viertel am Rande der Stadt, die schon der Frühsozialist Robert Owen angedacht hatte.


Ich klopfe zwar nicht wie Nanni Moretti an den Türen, um die Häuser auch von innen zu begutachten, aber auch von aussen spürt man sofort den eigenen Charakter dieses Viertels. Hier die Piazza Sant'Eurosia...

Vor Garbatella war Trastevere das klassische Arbeiterviertel, v.a. durch seine Nähe zum Schlachthof am Monte Testaccio. Nach und nach entwickelte sich Trastevere immer mehr vom Arbeiterviertel weg, hin zum Insider-, Künstler und Kulturviertel mit eigenem Charme. Doch spätestens nach Einfall der Touristen haben sich diese Attribute immer mehr nach Garbatella verlagert.
Ein Arbeiterviertel zu errichten macht natürlich wenig Sinn ohne Nähe zur Arbeit. So kitzel ich grosszügig den Gashebel meiner LX 125 und jette Richtung Gasometer nach Ostiense. Es ist eines der Wahrzeichen des Roms der Industrialisierung aus den ersten Jahrzehnten des vergangen Jahrhunderts. Auf der anderen Seite des Tibers befindet sich übrigens das Theatro India...

Hier, in Ostiense, befindet sich ein Outpost der Kapititolinischen Museen, die Centrale Montemartini.

Seit 1997 wird die restaurierte Maschinenhalle des ersten Heizkraftwerks Roms von der Stadt Ausstellungsfläche genutzt. Die daraus entstehende Kombination von "Moderne" und Antike ist einzigartig. Die wuchtige Optik der Maschinen und der Geruch von Schmieröl schafft eine ganz eigene Athmossphäre im Kontext der winckelmann'schen Perfektion griechischen weissen Marmors...
Athene vor Antriebsrad:
Torso vor Tosi:
Ich fahre noch lange kreuz und quer durch die Stadt, an quasi allen Orten mindestens einmal vorbei, an denen ich über das Jahr hinweg war. Und mein letzter Weg führt mich zurück nach Tiburtina, wo ich vor knapp einem Jahr ankam in Rom. Die Brücke über die Eisenbahngleise ist übrigens mittlerweile wieder geflickt.

Ich stelle einen Moment den Motor ab und betrachte den Hauseingang des Hauses, wo ich die ersten drei Wochen im September verbrachte.

Wo mit dem Kampf um die Wohnung danach der erste von vielen Kämpfen begann, die ich führen musste, bevor sich die Geliebte Rom mir vollkommen hingegeben hat. Rom ist eine sehr eifersüchtige Geliebte, und wer sich ihr selbst nicht mit Haut und Haaren hingibt, dem wird ihre volle Wärme nie zuteil werden.

Ich blicke noch einmal kurz nach oben, hinauf auf den Balkon - achter Stock war es glaube ich. Ich verschwinde noch einmal in den Erinnerungen an diese Zeit und an die Abende auf dem Balkon, und was danach kam.


Auf der Rückfahrt komme ich ein letztes Mal an der Stazione Tiburtina vorbei. Ich stelle fest: Die Lords of Tiburtown, unter denen hier alles begann, sind Opfer der Streicher geworden. Erinnerungen verblassen, und Neues wird Altes überdecken... und ich bin gespannt, was bleibt.

Nabucco (Terme di Caracalla)







giovedì, luglio 19, 2007

Shakespeare's Julius Caesar

Wer antike Literatur liest, tut dies auf eine andere Weise nach der ersten Reise nach Rom. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie unser Lateinlehrer damals auf der ersten Studienreise aufdem Forum begann, die Leichenrede Marc Antons aus Shakespeare's Julius Caesar zu rezitieren. Und die Faszination, in Tempelgrundmauern und in Rednerbühnen sehen zu können, was an diesen Orten an Weltgeschichte passiert ist, hat mich seither nicht mehr losgelassen.

Fünf Jahre ist das mittlerweile her, und diese Faszination hat mich für ein Jahr nach Rom verschlagen. Wo es nun einer Theatergruppe in Kooperation mit der Stadt gelungen ist, eine Sondergenehmigung für die Kaiserforen zu bekommen für eben jenes Stück von Shakespeare.


Cassio beschwört Casca:

Pompeia beschwört Cäsar wegen eines Traums, doch bitte nicht in den Senat zu gehen:
Brutus findet keinen Schlaf...

... worauf Porcia ihn beschwört, sich ihr anzuvertrauen:
Die Verschwörer der Iden des März:

Brutus Rede vor dem Volk über den Tod Cäsars auf dem Forum von vorne:
Not that I loved Caesar less, but that I loved
Rome more.
... und Marc Antons Antwort von der anderen Seite:
[I come] to speak in Caesar's funeral.
He was my friend, faithful and just to me:
But Brutus says he was ambitious;
And Brutus is an honourable man.
Das Aufführen des Stücks an Orten mit historischem Bezug zu den Protagonisten hatte zur Folge, dass bei Szenen- und Aktwechseln nicht die Bühne verändert wurde, sondern das Publikum den Schauplatz wechseln musste. Nach Cäsars Tod im dritten Akt findet im Stück ein Zeitsprung statt in den Bürgerkrieg hinein, in dem die Nachfolge Cäsars ausgefochten wird zwischen Marc Anton & Octavian und den Cäsarverschwörern Cassius & Brutus.

Wir liefen zum Aktwechsel unter der ausgrabungsverhindernden Verkehrsschlagader zwischen Colosseo und Piazza Venezia hindurch auf das Augustus-Forum. Dort trat der noch junge Octavian (später Augustus) auf in der Schlacht von Philippi, auf dem Tempel, den er sich selbst später für den Sieg in dieser Schlacht stiften wird.

Brutus stürzt sich ins Schwert am Ende des Stücks:
My heart doth joy that yet in all my life
I found no man but he was true to me.