giovedì, luglio 05, 2007

Pisa

Pisa als Geschäftskonzept ist einzigartig. Man nehme eine semi-interessante Kleinstadt, versehe sie mit einer Uni und einigen Hektar Freifläche. Auf diesen pflanze man ein Baptisterium, einen Dom, einen Turm und viel Rasen. Den sprenge man so lange mit Wasser wie die spiessigen Nachbarn in der Heimat, bis der Untergrund unter dem Turm matschig wird und der Turm sich zu neigen beginnt. Und schon pilgern die Touristen aus aller Welt, um jenes eine Photo zu machen, wo sie den Turm stützen (oder ihn gar für schlappe 15 EUR zu besteigen)...


Diese asiatische Krankheit - eine zeitlang noch auf den eigenen Kontinent gebannt...

...doch sie greift ansteckender um sich als Vogelgrippe! When in Pisa, do as the Asians do!


Aber es ist nicht alles unbelastete Heiterkeit auf der Piazza dei Miracoli. So wurden wir Zeugen eines mittelschwerern Ehedramas: ist wirklich wütend auf 男, weil 男 wohl auf dem einzigen Europatrip ihres Lebens wahrscheinlich eben jenes Photo versaut hat...

Natürlich fühlen wir uns - nachdem ich ganz heuchlerisch zuvor auch das Turmstützphoto gemacht habe - über jegliche massentouristische Affekten erhaben, da wir selbstverständlich für die Kunst gekommen sind.


Ja also da war das Baptisterium... größte Taufkirche der Christenheit.. erste Ebene Romanik wie der Dom.. dann Baustopp wg. Geldmangel.. danach im 13. Jhdt. fertiggebaut von den beiden Pisanos im gotischen Stil ...


Aaargh, das Asiatenvirus schlägt zurück!
Nein also im Innern ist es recht karg. Beeindruckend ist aber die Kanzel von Nicola Pisano, auf welcher das obige Relief fünf Szenen aus dem Leben Christi dargestellt ist:

(Detail)

Man kann auch auf eine rundläufige Empore im Baptisterium steigen, um von oben festzustellen, dass die Kanzel im innern als Mülldepositum genutzt wird.

Draussen wartet dann noch mit dem Dom ein wahrer Klotz aus Carrara-Marmor...


Innen wie aussen in schnörkelloser Romanik gehalten...
Illluminiert wird das ganze unter anderem von einem tief hängenden Leuchter, an dem einer (nicht haltbaren, aber unterhaltsamen) Legende nach Galileo Galilei Ende des 16. Jhdt. die Pendelgesetze untersucht haben soll:

Links im Bild kündigt sich das Highlight der Kirche an: eine weitere Kanzel der Pisano-Brüder, diesmal von Giovanni Pisano - der übrigens auch den Brunnen in Perugia angefertig hat -, fertiggestellt zu Beginn des 14. Jhdt.

Dargestellt sind auf dem oberen Relief quasi alle Schlüsselszenen aus dem neuen Testaments, von der Geburt von Johannes Evangelista bis zum jüngsten Gericht.

Interessant ist auch das Säulenprogramm, was denjenigen Ort stützt, von dem Gottes Wort verkündet werden soll: Von sieben äusseren Säulen ist jede zweite mit einer Christusstatue versehen, während sich dazwischen Erzengel Michael, Ecclesia und - sehr christlich - Herkules finden. Die achte Säule in der Mitte stellt die Allegorien der drei christlichen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung dar, welche selbst wiederum auf den sieben freien Künsten fussen.

Mehrere der Säulen stützen sich auf Löwen, die gerade Hirschkühe gerissen haben - tieferer Bedeutungssinn unbekannt.

Neben diesen Monumenten in Stein auf der Piazza dei Miracoli bleibt in Pisa nicht mehr allzuviel übrig für den fleissigen Touristen. Immer noch infiziert mit dem asiatischen Virus zieht es uns noch zur Kirche Santa Maria della Spina...

... in der lange Zeit im Altar unter der Marienstatue eine Dorne aus der Krone Jesu aufbewahrt wurde (daher der name della Spina, = des Dornes). An der Kirche wirkten übrigens wieder fleissig die beiden Pisano-Brüder mit.

Ansonsten gibt es in Pisa noch die Piazza dei Cavallieri mit dem von Vasari - der auch die Uffizien in Florenz angelegt hat und dort das Palazzo Vecchio ausgemalt hat - entworfenen Palazzo Carovana, heute Sitz der Eliteschule Scuola Normale Superiore (wieso man eine Eliteschule so nennt hab ich bis heute nicht verstanden).

Ja, und sonst.. bleibt noch die Ponte del Mezzo, die man auf dem frühen Weg zurück zum Bahnhof überschreitet. Männer aus verschiedenen Teilen der Stadt versuchen am letzten Sonntag im Juni einen Wagen auf die jeweils andere Seite zu drängen. Mit dieser Information versehen kann ich mich ruhigen Gewissens in den Zug zurück nach Roma setzen...

Betriebsgeschädigt wie ich mittlerweile bin weise ich den geneigten Leser darauf hin, dass die ponte di mezzo übrigens neben der ponte di Hermann auch eines der zentralen Gesetze für den Versbau von daktylischen Hexametern ist (=> Zweiteilungsverbot!)...


1 Comments:

Anonymous Anonimo said...

also:

erst einmal sind da ein paar bilder verrutscht. die stimmen nicht mit der beschreibung überein. das baptisterium muss getauscht werden mit dem photo auf dem du dem mann den kopf zerquetschst.

dann sind löwen, die hirsche reißen symbol für die überwindung des bösen!
der löse ist ja in der christlichen formensprache häufig positiv belegt!

desweiteren ist der herkules sehr wohl sehr christlich. ich verweise auf lutherdarstellungen im gewande herkules.
Aber hier hat das nichts zu suchen, denn der herkules steht für die tugend fortitudo. die dort sehr gut hineinpasst. welche tugend sollte denn sonst eine kanzel von der gottes wort verkündet wird, stützen?

1:15 AM  

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