venerdì, settembre 22, 2006

codice fiscale

Es kommt der Punkt im Leben eines italienischen Erasmusstudenten, an dem er Hunger verspürt. Als Student zieht es ihn dafür in die Mensa. Dafür benötigt man ein Plastikkärtchen, eine sogenannte tessera, die gleichzeitig Berechtigungsausweis (Mensa ist stark subventioniert in Italien) und Zahlungsmittel ist. Dafür wiederum benötigt man einen codice fiscale, eine Art Steuernummer. Dazu pilgern die Studenten zu einem Amt in Trastevere, was um 9 Uhr aufmacht. Das sieht dann so aus um diese Uhrzeit:


Eieiei. Und die warten nur auf die Nummern! Zum Glück stand auf der Seite vom Erasmus Student Network, dass man sich durch den versteckten Personalseiteneingang schmuggeln kann, am Ende der Via Luigi Turchi. Sociologo e Filantropo steht als Erklärung unter dem Straßenschild. Ein Menschenfreund also, der gute Luigi. Das sieht doch schon mal vielversprechend aus.


Pünktlich wie ich war, war da aber noch keiner am Info-Desk, der wir hätte weiterhelfen können. Also begab ich mich auf die Suche nach dem berühmten "Zuständigen" im Amt. Irgendwo im zweiten Stock las ich informazione. Da hat mich dann ein entrüsteter weil nicht zuständiger Immobilenverwalter in die Schlange geschickt, wo ich (seiner Meinung nach) hingehöre, nämlich unten, da wo alle warten.

Also gehe ich, auf diese Weise von meinem hohen europäischen Ross des Anspruchs auf Sonderbehandlung geholt, in die drängelnde Schlange des italienischen Volkes, Nümmerken ziehen, warten, usw. Ja und dann kam der Stromausfall. Anzeigentafeln aus, Nummernautomat aus. Großes Geschrei unter den Italienern, die (wieso nur) etwas ungehalten zu sein schienen gegenüber ihrem guten Amt. Nachdem provisorisch Nummern auf Zetteln verteilt wurden, kommt nach 5 Minuten wieder Strom. Daraufhin Darwin live am Nummernautomaten. Nach Nummer 120 informiert ein Amtmitarbeiter, dass die Nummern für heute verteilt sind und alle anderen eh nicht mehr dran kommen. Dumm gelaufen, denke ich.


Dumm gelaufen, denkt auch eine Oma, und fuchtelt mit dem Regenschirm und droht lauthals mit den Carabinieri. Und scheint Erfolg zu haben und wird zu einer Kabine geführt.

Zurückhaltender, wie ich als schüchterner Deutscher nunmal bin, nehme ich meine Nummer und warte erstmal etwas im Wartesaal. Höre den ungehaltenen Italienern zu. Und erspähe plötzlich zwei bekannte Erasmusgesichter, Halbitalienerinnen. Nehmen mich an die Hand und zeigen mir erstmal, wie das hier funktioniert. Wir gehen einfach ohne Nummer an einen sportello, wo ein in Anbetracht des Chaos unglaublich gelassener Beamter sitzt. Freundlich gibt er uns Formulare und beantwort unsere Fragen.

Ich frage ihn, ob ich bei "Adresse" meine Adresse in Rom oder in Deutschland eintragen soll. Er: "Die in Rom". Ich: "Ich ziehe in einer Woche um, ich hab hier noch keine feste Adresse." Er: "Schläfst Du unter der Brücke oder was?" Ich: "Nein, unter der Adresse jetzt bin ich aber nur noch eine Woche erreichbar." Er: (mit entsprechender Gestik) "Wen interessierts?"

Er gibt die Daten in den Computer ein, und 30 Sekunden später bin ich stolzer Besitzer eine ca. 15 stelligen Zahlen-/Buchstabenkombination, die für den Staat auf der Basis meiner angegebenen Daten wertloser nicht sein könnte. Aber es schmeckt ganz gut hier.